Wir brauchen eine öffentliche Debatte über das Covid-Zertifikat!

Schon bald, Ende Juni 2021, will der Bundesrat ein «Covid-Zertifikat» einführen. Doch was bedeutet dieses Zertifikat eigentlich für uns Bürgerinnen und Bürger?
Mit der Annahme des Covid-19-Gesetzes ist die Einführung dieses «Impfpasses» legitimiert. Am 19. März 2021 wurden mit dem Art. 6a «Impf-, Test- und Genesungsnachweise» nachträglich ins Covid-Gesetz eingefügt. Doch es darf bezweifelt werden, dass sich die Bevölkerung vollumfänglich im Klaren war, was sie am 13. Juni gutgeheissen hat.
Was wird uns versprochen? Mit dem Zertifikat winkt die Rückkehr zur (neuen) Normalität und zu uneingeschränkter Mobilität, aber nur für Geimpfte, Genesene und Getestete.

Im Umkehrschluss heisst das: Teilweiser Ausschluss vom gesellschaftlichen Leben für all jene, die das nicht mitmachen wollen. Diese De facto-Stigmatisierung ist unethisch und widerspricht der Schweizer Bundesverfassung. Sie stellt auf den Kopf, was bisher galt: dass nämlich der andere Mensch, mein Gegenüber, ungefährlich ist und seinen Gesundheitszustand nicht unter Beweis stellen muss. Sie ermächtigt bestimmte gesellschaftliche Akteure, ganze Bevölkerungsgruppen zu kontrollieren, ohne dass sie dazu legitimiert wären. Sie teilt, was per Definition unteilbar ist: die Grundrechte. Sie gelten nicht mehr für alle, sondern für bestimmte Gruppen.
Die Schweizer Regierung unterliess es tunlichst, über diese Problematik umfassend aufzuklären. Stattdessen wurde in den Medien eine Pseudo-Debatte forciert. Plötzlich stand zur Diskussion, ob ein Zertifikat überhaupt bis zum Sommer parat sein werde und welcher Kanton wohl als erster ein Zertifikat werde anbieten können. Ferner liess sie lange im Dunkeln, welche privaten Unternehmen von der Bundesverwaltung für die technische Entwicklung beauftragt wurden und warum sie vier Aufträge ohne Ausschreibung vergab. Bis heute gibt es diesbezüglich offene Fragen; das BAG brauchte sehr lange für eine Antwort, das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation BIT verweigerte sie grad ganz. Gleichzeitig hatte das BIT aber das Zertifikat innert Kürze einsatzbereit.
Kurz vor der Abstimmung über das Covid-Gesetz, am 9. Juni, war plötzlich die Rede von einem Zertifikat «light», das weniger Daten speichern werde als die «full»-Version. Zwei verschiedene Zertifikate also?
Und wie steht es um seine Befristung, die der Bundesrat versprochen hat? Auch davon ist keine Rede mehr. Weder das Parlament noch der Bundesrat wollen sich auf einen Termin festlegen. Und eine Technologie, einmal eingeführt, wird ausgebaut, nicht abgeschafft.
Österreich gibt einen Vorgeschmack, wohin die Reise gehen könnte. Die österreichische Regierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, in dem die Daten des digitalen Impfpasses mit verschiedenen anderen persönlichen Daten – zur Arbeitssituation und zum sozioökonomischen Status – verknüpft werden sollen.
Was fehlt, ist eine breite gesellschaftliche Debatte über die Gefahren und Auswirkungen dieser Technologie. Stossen wir sie an!

Quellen:
https://www.re-check.ch/wordpress/fr/covid-zertifikat/

https://norberthaering.de/die-regenten-der-welt/gruener-pass-oesterreich/
https://www.bag.admin.ch/bag/de/…

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