“Blick” verbreitet verharmlosenden Antisemitismus-Tweet

Man kann in der Massnahmenfrage geteilter Meinung sein. Es darf und soll darüber gestritten werden, ob Zwangsmassnahmen des Staates zur Eindämmung einer Pandemie geeignet sind oder nicht.
Dabei dürfen durchaus harte Bandagen zur Anwendung kommen. Soweit kein Problem. Es ist aber weder logisch noch legitim, diese Frage mit Antisemitismus zu verknüpfen.

von Michael Bubendorf

Dass mich ein Mensch mit dem Pseudonym „Knackeboul“ auf Twitter aufgrund meiner Kritik an Zwangsmassnahmen mit Antisemitismus in Verbindung bringt, halten manche für ein justiziables Vorgehen. Es ist auf jeden Fall falsch, dumm und eine gefährliche Verharmlosung der Verbrechen tatsächlicher Antisemiten.

An einer Kundgebung habe ich vor Monaten öffentlich und in deutlichsten Worten auf der Bühne jeglichen Rechtsextremismus verurteilt. Den grossen Denker Erich Fromm, der als Sohn einer jüdischen Familie vor dem Naziterror flüchten musste, habe ich in verschiedenen meiner Arbeiten mit grosser Wertschätzung zitiert. Ich kämpfe für Freiheit, Brüderlichkeit und Gleichheit. Wenn ich ein Antisemit bin, dann ist jeder ein Antisemit. Und genau hier liegt das Problem. Wer wahllos zu diesem Wort greift, der verharmlost nicht nur den Holocaust und die Millionen Opfer des realen Antisemitismus, sondern er nutzt den Begriff ab, bis er bedeutungslos wird. Und spätestens hier wird es richtig gefährlich.

Nun ist dieser Knackeboul ein Mensch mit limitierter Reichweite. Laut “Beobachter” macht er sich “gerne zum Affen”. Dies sei ihm unbelassen. Anders sieht es aus, wenn der “Blick” solche Tweets unhinterfragt veröffentlicht, diese gefährlichen Theorien dadurch bedeutsamer und sie einem Millionenpublikum zugänglich macht. Genau das hat der Ringier-Verlag in einem reisserischen Bericht über die Sendung “Club” getan und lässt sich damit von Menschen instrumentalisieren, die für die Erregung von Aufmerksamkeit auch nicht davor zurückschrecken, Antisemitismus zu verharmlosen.

Den fraglichen Tweet hat die Blick-Redaktion mittlerweile entfernt.

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