Das seltsame Spiel des Reto Nause

Wenn ein Regierungsmitglied zu der Durchführung einer Demonstration aufruft, dann ist das zumindest kurios. Wer dahinter böswillige Pläne vermutet, ist vermutlich ein Verschwörungstheoretiker.

Gemeinderat Reto Nause brachte den Mythos von einem „möglichen Sturm auf das Bundeshaus“ mit einem Tweet in Umlauf. Im bekannten Zitate-Karussell wurden in einer Weise Fakten geschaffen, die im staatlich-medialen Komplex zum Alltag gehören. Der Rest – so hätte man denken können – ist Geschichte. Falsch gedacht.

Reto Nause traf sich am 21.09.2021 mit Vertretern der Bürgerrechtsbewegung, darunter Nicolas A. Rimoldi von der Jugendbewegung Mass-voll. Aus dem uns vorliegenden Protokoll des Generalsekretärs der Sicherheitsdirektion geht hervor, dass die Unterredung stolze viereinhalb Stunden dauerte. Die Regierung der Stadt Bern fordert im Protokoll eine ganze Reihe von Absurditäten:

  • Die Teilnehmer der Kundgebung sollen den Zaun „schützen“. Der Sicherheitsdirektor der Stadt Bern ist sich offenbar nicht bewusst, dass in der Schweiz das Gewaltmonopol bei den Staatsorganen liegt. Mit welchen Mitteln die Organisatoren einer Demo gegen randalierende Antifa-Mitglieder vorgehen soll, darüber schweigt sich die Sicherheitsdirektion aus und präzisiert einzig, dass „keinerlei Hunde“ zum Einsatz kommen dürfen.
  • Die Sicherheitsdirektion fordert weiter ein „Moratorium für weitere Kundgebungen bis und mit 22. Oktober 2021“.
  • Weiter geht es im Stil eines Kamel-Bazars: nach Ablauf des Moratoriums darf bis zur Abstimmung nur noch eine weitere Kundgebung stattfinden, schreibt der Generalsekretär der Sicherheitsdirektion im Protokoll.
  • Abschliessend wird versprochen, das Engagement in der Öffentlichkeit positiv zu würdigen.

So weit, so absurd. Aber danach wurde es erst richtig verrückt. Denn die Vertreter der Bürgerrechtsbewegung sind sich selbstverständlich im Klaren darüber, dass man gegen gewalttätige Antifa-Aktivisten nicht vorgehen kann. Das kann einzig und allein die Polizei. Folgerichtig wies Nicolas A. Rimoldi im Namen der vertretenen Organisationen das Protokoll zurück und informierte die Öffentlichkeit über Twitter, dass Mass-voll sich von einer möglichen Demonstration am Donnerstag, 23.09.2021 distanziert.

Spätestens hier mutiert Reto Nause zum „Unsicherheitsdirektor“. Er möchte unbedingt, dass die Demo stattfindet. Er möchte unbedingt seinen Zaun hinstellen. Und er möchte unbedingt sein Gewaltmonopol an die Freiheitstrychler abtreten. An diesem Abend ruft er nicht weniger als dreimal bei Nicolas A. Rimoldi an, um ihn von diesem verrückten Vorhaben, welches nur die Totaleskalation zum Ziel haben kann, zu überzeugen. Auch die anderen Sitzungsteilnehmer erhalten nächtliche Anrufe vom „Unsicherheitsdirektor“ der Stadt Bern.

Weshalb will Reto Nause eine erneute Demonstration? Wieso will er, dass die Demonstranten seinen Zaun schützen, obwohl er weiss, dass keine private Organisation über das Gewaltmonopol verfügt? Weshalb ist ihm das dermassen wichtig, dass er nächtelang nachsetzt und Vertreter der Bürgerrechtsbewegung mit Nachdruck dazu bringen will, seinen kuriosen Plänen Folge zu leisten?

Ein Verschwörungstheoretiker, wer Böses denkt.

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